Zita Küng

Abstract
Der Unterschied zwischen einer Patchworkdecke und einer herkömmlichen Decke besteht darin, dass mehr als ein Stück Stoff verarbeitet ist. Die herkömmliche Decke hat einen Stoff, ein Muster, ein Material und ist aus einem Guss. Die Patchworkdecke setzt - mehr oder weniger kunstvoll und handwerklich gekonnt - verschiedene Stoffstücke zusammen. Material, Muster der Einzelstoffe usw. können sehr unterschiedlich sein, ergeben aber zusammen ein neues Bild.

Die kritischen Punkte beim Patchworken sind die Übergänge

  • Was für Stoffstücke stehen zur Verfügung? Welche Stoffstücke sollen in welche Reihenfolge kommen, damit ein interessantes, stimmiges Bild entsteht?
  • Wie stabil können die Nähte werden? Wie viel Überschneidung braucht es dazu? Wie viel kleiner wird die Decke durch die Nähte? Welcher Faden steht zum Nähen zur Verfügung?
  • Wie können die Ränder gestaltet werden, damit das Ganze nicht ausfranst?

Die kritischen Übergänge im Erwerbsleben

  • Von einer Arbeit zur anderen; von einer Auftraggeberin zum nächsten Auftraggeber - wie steht es mit der Wegzeit und den Kommunikationskosten?
  • Von einem Thema ins nächste - wie steht es mit Aus- und Weiterbildung?
  • Von einer Art der Herausforderung/Belastung zur nächsten - wie kann die Erholung organisiert und finanziert werden?
  • Mit Kind/ern patchworken
  • Mit Krankheit/Unfall umgehen
  • Ins Alter kommen

Was macht Patchworkarbeiten attraktiv?

  • Die Decke ist durch die Nähte stabiler und nutzt sich nicht so schnell ab; sie bekommt nicht so leicht dünne Stellen
  • Das Bild kann unterwegs gestaltet/umgestaltet werden; verschiedene Talente kommen zum Einsatz


Die lebenslange 100%-Stelle als Norm
Für diese Situation ist für die Übergänge mehr oder weniger lückenlos vorgedacht und vorgesorgt. Für das eine Stück Stoff steht ein gleich grosses Stück Futterstoff zur Verfügung, um die Decke auf beiden Seiten schön zu gestalten.
Für Patchworkarbeiterinnen fällt ein zusätzlicher Job an: die Klärung aller "unregelmässigen" Situationen. Der Futterstoff hat gravierende Löcher, weil noch gar nicht klar ist, wie die vordere Seite genau aussieht.

  • Wer kann/soll das Risiko tragen, wenn ein der verschiedenen Arbeiten/der verschiedenen Aufträge ausfällt? Wo greift der Arbeitsmarktservice?
  • Wie sehen die Versicherungsmöglichkeiten aus? Wie kann eine Patchworkarbeiterin ihre diversen Verdienstausfälle bei Krankheit/Unfall ausgleichen? Wie steht sie im Falle der Invalidität da?
  • Wie steht es mit dem Anspruch, in Pension zu gehen? Wie kann eine Patchworkarbeiterin für ihr Alter vorsorgen?
  • Durch die notwendigen Überschneidungen wird die Patchworkdecke kleiner sein als das eine Stück Stoff. Wer gleicht diese Differenz aus?

Politische Verantwortung für die Sicherung der Patchworkerinnen
Die Ökonomie profitiert, weil sie genau definierte Einsätze einfordern und bezahlen kann, ohne sich um die soziale Sicherheit der Patchworkerinnen kümmern zu müssen. Dazu muss klar gestellt werden, dass diese Einsätze sowohl ökonomisch als auch sozial von grosser Bedeutung und deshalb erwünscht sind. Die Frage, wie Patchworktarbeiterinnen für die Übergänge gesichert werden können, muss deshalb auf der politischen Ebene diskutiert und gemeinschaftlich gelöst werden.

e-mail: equality@gendermainstreaming.com
www:  www.gendermainstreaming.com
Download: Vortrag von Zita Küng (pdf)